Dr. Thorsten Lieb

Bundestag beschließt Umsetzungsturbo bei Infrastrukturprojekten

„Wir setzen ein Kernanliegen für Deutschland und ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um: Nach Jahren des Stillstandes lösen wir das Versprechen ein, politische und Verwaltungsprozesse in Deutschland zu beschleunigen - und zwar allumfassend. Ob Straße, Schiene oder Windkraft, um die Energiewende zu schaffen müssen wir Modernisierung auf allen Ebenen denken und umsetzen. Wir teilen Projekte dabei nicht in gute oder schlechte Vorhaben ein. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wir einen Beschleunigungsprozess für nahezu alle Projekte umgesetzt: Gerichte priorisieren besonders wichtige Projekte und ziehen diese im Verfahren vor. Das Know-How des Gerichts kann in Planungskammern und -senaten gebündelt werden, die ein Projekt mit ihrer Fachexpertise umfänglich begleiten. Erkennbare kleine Fehler werden schnell behoben, sodass Verfahren im Fluss bleiben und ihre Zeitpläne einhalten. Digitale Tools sollen Abhilfe schaffen und Prozesse optimieren. So halbieren wir die Dauer der gerichtlichen Verfahren.“

Das Recht und die Gerichtsbarkeit verstehen wir dabei als ein verlässliches Instrument, um Planungsentscheidungen rechtsstaatlich, zügig und sachgerecht unter Beteiligung aller Interessen durchzuführen. Recht ist dagegen kein Instrument, einmal getroffene politische Entscheidungen möglichst lange auf dem Rechtsweg zu verzögern oder gar zu verhindern.

Was wird sich ändern?

  1. Wir erhöhen die Fehlertoleranz: Kleine und heilbare Fehler im Verwaltungsverfahren sollen nicht mehr dazu führen, dass wichtige Projekte durch Gerichte gestoppt werden müssen. Gerichte können zukünftig davon absehen Fehler in den Planfeststellungsbeschlüssen zum Anlass von gerichtlichen Entscheidungen zu nehmen, wenn aus der Sichtweise des Gerichts der Fehler behoben werden kann. Es wird gewissermaßen eine Karenzzeit akzeptiert, binnen dieser, Fehler zu beseitigen sind.

     

  2. Wir entlasten die Gerichte durch mehr richterliche Kapazitäten: Fortan gilt die Regelung, nach der die Gerichte auch in kleinerer Besetzung Entscheidungen treffen können. Die Bundesverwaltungsgerichte dürfen zukünftig auch mit nur drei der vormals fünf geforderten Berufsrichter Urteile entscheiden. An Oberverwaltungsgerichten gilt zukünftig die Möglichkeit Entscheidungen der vormals drei geforderten Berufsrichter auf Einzelrichter zu verlagern. Damit schaffen wir richterliche Kapazität und schnelle Verfahren.

     

  3. Digitale Prozesse als Beschleuniger: Mit sogenannten Prozessfahrplänen und Digitalen Tools sollen Kläger und Beklagte strukturierter arbeiten können, um Verzögerungen vorzubeugen. Der neue § 99 VwGO, sieht u.a. vor, dass elektronisch geführte Dokumente auch digital durchsuchbar sein müssen. Das Arbeiten mit und der Transfer von Verfahrensdokumenten soll dadurch vereinfacht und beschleunigt werden.

    Zudem wollen wir gerichtliche Verfahren auch durch mehr Digitalisierung aber auch über bessere Personalausstattung möglich machen. Hier sind vor allem die Länder in der Verantwortung schnelle und effiziente Lösungen zu liefern.

     

  4. Prüfung eines konsequenten zweistufigen Instanzenzugs bei Planfeststellungsverfahren zur Beschleunigung: Die Gesamtdauer von Verwaltungsgerichtsverfahren soll dadurch reduziert werden, dass die Eingangszuständigkeit für Streitigkeiten grundsätzlich erstinstanzlich bei den Oberverwaltungsgerichten liegen soll. Dadurch wird nicht nur der Instanzenzug verkürzt und Zeit eingespart, sondern auch das Know-How und die Expertise gebündelt. Das Ministerium wird in eine zügige Prüfung in Abstimmung mit den Ländern einsteigen, wie das zeitnah umgesetzt werden könnte.